Bei den Experten nachgefragt: Verdrehtes T-Shirt nach dem Waschen – woran liegt das eigentlich?

13.02.2025

Manchmal ziehen wir ein neues T-Shirt nach dem ersten Waschen plötzlich krumm und schief aus der Maschine. Woran liegt es, wenn im dümmsten Fall Vorder- und Rückseite nicht mehr aufeinanderpassen?

Vielleicht daran, dass sich eine Rundstrickmaschine immer im Kreis herumdreht? Jürgen Müller, Spezialist in Sachen Muster und Strickanwendungen beim Rundstrickmaschinenhersteller Mayer & Cie. erklärt: Zwar dreht sich eine Rundstrickmaschine immer in ein und dieselbe Richtung, entweder mit dem Uhrzeigersinn oder gegen den Uhrzeigersinn. Genau diese Drehung hat ein Stricker aber im Blick, wenn er sein Garn aufsetzt. Möglich ist ein abwechselndes Garnaufstecken von links und rechts gedrehtem Garn, also eine Spule linksgedrehtes Garn, ein Spule rechtsgedrehtes Garn und so weiter, oder der komplette Garneinsatz mit der entgegengesetzten Drehrichtung.

Wie bitte, linksdrehend, rechtsdrehend? Da wissen die Garnspezialisten bei Gebr. Otto Bescheid: Wer schon mal die Otto-Spinnerei besucht hat, weiß, wie flauschig weich und fluffig die Baumwollfasern sind, nachdem sie gekämmt und/oder kardiert als Bänder vorliegen. Allerdings: Dieses Material kann noch auf keiner Web- oder Strickmaschine verarbeitet werden.
Zwischen Kardenband und Garn liegt unter anderem das Verdrehen der Fasern. Die bekommen auf der der Spinnmaschine entweder eine S- oder eine Z-Drehung mit. Die S-Drehung bezeichnet eine Rechtsdrehung, die Z-Drehung die Linksdrehung. Kleine Eselsbrücke: Der Steg des „Z“ zeigt von links unten nach rechts oben. Diesen "Steg" kann man auch bei Draufsicht auf das Garn erkennen. Ebenso funktioniert das mit dem Steg des "S".
Wer eine Garnspule zur Hand hat, kann bei einem Blick von oben erkennen, ob es sich um ein rechts oder links gedrehtes Garn handelt: Fällt das Garn rechts herunter, bilden Spule und Faden ein q, handelt es sich um eine S-Drehung, eine Rechtsdrehung. Sieht die Garnspule von oben aus wie ein p, weil das Garn links hängt, halten wir ein linksgedrehtes Garn in den Händen. Zu kompliziert? Mit einer Lupe betrachtet sieht man auch, in welche Richtung das Garn gedreht ist ;-).

Wieviel Drehungen ein Garn pro Meter aufweist, hängt zum einen von seiner Stärke ab: Bei einem feinen Garn braucht es mehr Drehung, um seine Stabilität zu gewährleisten. Essenziell sind auch ausreichend lange Fasern. Das gilt umso mehr für Garne mit weniger Drehung: Die weisen einen besonders feinen Griff auf, was sich später in der fertigen Strick- oder Webware bemerkbar macht. Zu wenig Drehung darf es allerdings nicht sein, denn das kann, unabhängig von der Faserqualität, beim fertigen Produkt zu Pilling führen.

Woran liegt es also, dass wir so manches T-Shirt krumm und schief aus der Waschmaschine ziehen?
Ein hochwertiges Garn und ein kompetenter Strickprozess beugen bösen Überraschungen an der Waschmaschine wirkungsvoll vor. Fehlt noch der Blick auf die Ausrüstung: Ein Stoff muss, bevor er zugeschnitten und zum T-Shirt vernäht wird, aufbereitet und insbesondere heiß gewaschen werden, damit er in seine endgültige Größe schrumpft. Passiert das nicht, beispielsweise aus Zeit- oder Kostengründen, übernimmt den Part unsere hauseigene Waschmaschine – mit den bekannten unschönen Folgen.
Ergo: Beim Kauf auf Qualität achten. Ein hochwertiges textiles Produkt macht ziemlich sicher auch nach dem Waschen „Bella Figura“ 😉.

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