Nicht als Selbstzweck, sondern als Basis für Langfristigkeit: So verstehen wir bei Gebr. Otto Nachhaltigkeit. Wir investieren in Richtung CO2-Neutralität, in möglichst kurze Lieferketten und ökologisch vorteilhafte Produktinnovationen. Dazu gehört ein neuentwickeltes Garn aus einer Hanf-Baumwolle-Mischung. Im Gegensatz zu Baumwolle erfordert der Hanfanbau deutlich weniger Wasser und ist zudem in den meisten Klimazonen möglich. Derzeit arbeiten wir mit deutschen Winterhanf, der von einem regionalen Projektpartner vorbereitet wird und den wir mit Bio-Baumwolle zu zwei „Prototyp-Feinheiten“ verspinnen.
Von der Henne und dem Ei
„Als inhabergeführtes Familienunternehmen kommen wir gar nicht umhin, nachhaltig zu wirtschaften und zu produzieren“, sagt Andreas Merkel, Geschäftsführer von Gebr. Otto und lächelt. Sein Ur-ur-Großvater hat das Unternehmen im Jahre 1901 gegründet, das Andreas Merkel in vierter Generation leitet. „Der Begriff umfasst in diesem Zusammenhang natürlich mehr als die ökologische Nachhaltigkeit. Die wiederum verfolgen wir aber auch nicht zum Selbstzweck.“ Als Beispiel führt der Otto-Geschäftsführer den Ausbau der Solaranlage auf dem Dach des Balzheimer Otto-Werkes an. Rund 930.000 kWh produziert diese fußballfeldgroße Anlage jedes Jahr. Für eine deutliche Erweiterung des Solarparks laufen bereits die Genehmigungsverfahren. Neben der Solarenergie ist Wasserkraft ist Teil des Otto-Energiemixes: In Dietenheim brummt die Turbine seit 1901.
Die Energie aus regenerativen Energiequellen senkt den CO2-Fußabdruck eines jeden Produkts aus dem Hause Otto. Andreas Merkel: „Im Gegensatz zu den Garnen, die anderswo auf der Welt unter Einsatz von fossilen Energien hergestellt werden, ist ein Otto-Garn deutlich ‚grüner‘.“ Zudem macht sich Otto mit dieser Strategie unabhängiger von zukünftigen Energiepreis-Kapriolen.
Regionalität ist Trumpf
Ein weiterer Baustein unserer nachhaltigen Unternehmensführung ist die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern. Das senkt Transportaufwand und CO2-Ausstoß und steigert Flexibilität und Transparenz. Unsere Rohbaumwolle für die Garne der Marke „Cotton since 1901“ beziehen wir von langjährigen Lieferanten in Spanien und Israel – „mehr Nähe geht bei Baumwolle nicht“, stellt Andreas Merkel klar. Die Anforderungen des Lieferkettengesetztes kann Gebr. Otto dank seiner Strategie befolgen; freiwillig, denn mit seinen rund 160 Mitarbeitern tangiert das Gesetz uns nur indirekt.
Baumwolle-Hanf Mischung in Bemusterung
Wenig verwunderlich also, dass Regionalität eine wichtige Zutat bei Gebr. Ottos Garninnovationen ist: Seit einigen Monaten tüftelt Gebr. Otto an einer Mischung aus Bio-Baumwolle und nativem, in Deutschland angebauten Hanf. Hanffasern stoßen in der Textilindustrie derzeit vermehrt auf Interesse, weil die Pflanze im Vergleich zu Baumwolle als anspruchslos gilt. Für ihren Anbau ist deutlich weniger Wasser nötig. Außerdem wächst Hanf nicht nur in warmen, notorisch wasserarmen Gegenden – sondern auch in Deutschland.
„Fasern aus Hanf gibt es an sich schon lange“, erklärt Andreas Merkel. „Die Faser ist etwas gröber und ‚störrischer‘ als Baumwolle, ein bisschen wie Leinen.“ Ebenso wie bei Leinen wurde bisher hauptsächlich mit Faserbündeln gearbeitet.
Dank eines neuen Aufschlussverfahren, vorgenommen durch einen regionalen Projektpartner, entstehen nun einzelne, elementare Fasern. Diese werden verkürzt, denn mit 8 bis 12 Zentimetern sind Hanffasern deutlich länger als Baumwollfasern. Selbst Extralangstapelbaumwolle erreicht nicht mehr als 35 bis 38 Millimeter. Im Fachjargon spricht man vom „Cottonisieren“ der Hanffasern, die wir bei Gebr. Otto mit Bio-Baumwolle kombinieren.
Ganz einfach war der Weg zum guten Ergebnis nicht, denn in der Verarbeitung unterscheiden sich die Anforderungen von Hanf deutlich von denen von Baumwolle. Andreas Merkel: „Als Baumwollspinnerei sind unsere Bedingungen – Temperatur, Luftfeuchtigkeit und so weiter – in der Produktion optimal auf Baumwolle ausgelegt. Um die Staubentwicklung zu begrenzen, erfordert Hanf allerdings eine deutlich höhere Luftfeuchtigkeit, die wiederum bei der Baumwolle zu Verklebungen führen kann.“
Wir verspinnen den deutschen Winterhanf mit Virgin-Bio-Baumwolle im Verhältnis 25:75. „Wir haben mit zwei Garnfeinheiten gute Ergebnisse erreicht“, berichtet Andreas Merkel. „Auf der Techtextil haben wir bereits verschiedene Anfragen zur Bemusterung bekommen.“ Interesse an der neuen Hanf-Baumwoll-Mischung verzeichnet Otto im Bereich Flach- und Rundstrick genauso wie bei Webereien.
Die Bedingungen der Spinnerei bei Gebr. Otto orientieren sich an den Anforderungen der Baumwolle: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und so weiter sind so ausgelegt, dass Baumwolle optimal verarbeitet werden kann. Hanf hingegen braucht ein feuchteres Klima, um die Staubentwicklung zu begrenzen. Daraus ergibt sich ein Balanceakt: Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, kann die Baumwolle verkleben.
Im Vergleich zu Baumwolle darf Hanf als anspruchslos gelten. Für ihren Anbau ist deutlich weniger Wasser nötig. Außerdem wächst Hanf nicht nur in warmen, notorisch wasserarmen Gegenden – sondern auch in Deutschland.