Eigentlich ist unser Kollege Florian seit sieben Jahren am Lernen – und zwar durchgängig: Im Herbst 2017 kam er zu Gebr. Otto, um seine Ausbildung zum Produktveredler Textil zu absolvieren. 2020, als er seine Prüfung in der Tasche hatte, wechselte er ins Labor. Dort hatte er neue Aufgaben und Arbeitsschritte zu erlernen, zumal er nach kurzer Zeit die Leitung dieses Bereichs übernahm. Im Herbst 2022 startete er mit seiner Weiterbildung zum Industriemeister für Textilwirtschaft. Den Ausschlag gab der Umzug des Ausbildungsgangs von Bad Säckingen nach Reutlingen, das von Dietenheim leichter zu erreichen ist als die Kleinstadt an der Schweizer Grenze.
Einblicke in die Weiterbildung
Die Weiterbildung zum Industriemeister für Textilwirtschaft besteht aus drei Teilen:
Gruppendynamik arbeitet in beide Richtungen
Florian absolviert die Weiterbildung gemeinsam mit zwei Kollegen: Einer leitet die Zwirnerei, der zweite arbeitet im Bereich Färberei als Teamleiter. „Es ist enorm hilfreich, wenn man zu dritt ist, dann ist es leichter, sich aufzuraffen, wenn die Motivation fehlt“, gibt Florian zu. Auch falls mal ein Familienfest oder eine sonstige Verpflichtung am Wochenende dazwischenkommt, ist es gut zu wissen, dass zumindest einer aus dem Trio die wichtigsten Infos mit nach Hause bringt. „Das hat uns schon oft geholfen!“ Aber Moment: Gibt es eigentlich auch eine Gruppendynamik in die andere Richtung? Florian muss lachen: „Ja, klar: Wenn an einem schönen Sommerwochenende wirklich gar keiner hinwollte, mussten wir auch schon mal würfeln.“
Zweimal 100 Prozent
Die Dauer der Weiterbildung variiert, je nachdem, ob sie berufsbegleitend oder in Vollzeit läuft. Wer ausschließlich die Schulbank drückt, ist in sechs Monaten durch. Für Florian, der weiterhin das Labor bei Otto leitet, dauert die Weiterbildung rund 2,5 Jahre. Er muss nach der Arbeit lernen und am Wochenende den Unterricht besuchen. „Freitag um 14 Uhr beginnt der Unterricht in Reutlingen, was bedeutet, dass wir gegen 11 Uhr in Dietenheim losfahren müssen“, berichtet Florian. Weil das vor dem offiziellen Arbeitsende am Freitag ist, nehmen er und seine zwei Mitstreiter jede Woche drei Minusstunden mit, die sie an den restlichen Tagen zusätzlich unterbekommen müssen. Der Unterricht dauert am Freitag meist bis 19 Uhr, am Samstag geht es weiter bis 13 Uhr. „Das machen wir fast jede Woche, mit Ausnahme der Schulferien.“
Wertschätzung des Arbeitgebers
„Wir haben das große Glück, dass unser Arbeitgeber zu 100 Prozent hinter der Weiterbildung steht“, erklärt Florian. „Das ist eine große Wertschätzung und ein genauso großer Ansporn!“ Er und seine Kollegen können für die Fahrt nach Reutlingen immer den Firmenwagen nutzen. Eventuelle Übernachtungen übernimmt der Arbeitgeber, genauso wie die Kosten für den kompletten Kurs. „Wir haben auch mehr als den vorgeschriebenen Bildungsurlaub bekommen und konnten so in unserem Schulungscenter gemeinsam lernen. Wir haben einige Teilnehmer im Kurs, die diese Unterstützung nicht erfahren. Die haben es deutlich schwerer.“
Was kommt danach?
Im Februar ist es endlich so weit: Florian und seine Kollegen legen ihre Abschlussprüfungen ab. Zwei schriftliche Prüfungen sowie ein praktischer Teil gilt es zu meistern. Danach freut er sich darauf, das Gelernte in der Praxis umzusetzen. „Ich verstehe betriebliche Abläufe viel besser, kann Kostenrechnungen durchführen und bestehende Prozesse hinterfragen – mit dem Ziel, sie zu verbessern.“ Außerdem kann er bald selbst eigene Azubis betreuen, dank Ausbilderschein.
Für Florian steht fest: Der Weg zum Industriemeister hat sich gelohnt – und zwar in jeder Hinsicht. Und: „Dann lerne ich für eine Weile mal nicht, sondern genieße meine Wochenenden.“