Herausforderungen annehmen und gestalten: Günther Seefried über mehr als 20 Jahre Gebr. Otto

30.07.2025

Günther Seefried schaut auf mehr als zwei Jahrzehnte bei Gebr. Otto: von der Leitung der Färberei über die Modernisierung der Spulerei bis hin zum Aufbau des neuen Hygienebereichs. Mit viel Erfahrung und kühlem Kopf hat er die Entwicklung des Standorts Dietenheim mitgestaltet. Im Interview erzählt er von seinen vielseitigen Aufgaben, den Herausforderungen des Alltags und seinen persönlichen Highlights – sowie davon, wie er in seinem bevorstehenden Ruhestand die Zukunft angehen möchte.

Wie lange arbeiten Sie schon bei Gebr. Otto und was sind Ihre Aufgaben?
Ich bin seit dem 2. Januar 2001 bei Gebr. Otto tätig. Damals wurde ich als Leiter der Färberei eingestellt, da mein Vorgänger in den Ruhestand ging. Später übernahm ich kommissarisch die Betriebsleitung, ab 2012 war ich dann offiziell Betriebsleiter am Standort Dietenheim mit Verantwortung für Technik und Produktion.
Nach dem Tod von Herrn Otto habe ich speziell die tägliche Betriebsrundgänge mit übernommen. Dabei bin ich regelmäßig durch alle Bereiche gegangen – Färberei, Spulerei, Packerei – und habe so einen sehr guten Gesamtüberblick über die Abläufe und Qualität im Betrieb gewonnen. Da das gesamte Aufgabenfeld sehr umfangreich war, wurde später die Betriebsleitung aufgeteilt: Ich kümmere mich um Produktqualität und Produktsicherheit, mein Kollege Dirk Gerster ist für Technik, Anlagen und Gebäude verantwortlich.

In Dietenheim gibt es seit Jahresanfang eine neue Abteilung. Fällt die in Ihren Bereich?
Seit Ende letzten Jahres produzieren wir in unserem Hygienebereich unter streng kontrollierten Bedingungen einen Tamponrückholfaden. Die Kolleginnen und Kollegen, die dort arbeiten, tragen Kittel Haar- und Mundschutz, denn die Hygieneanforderungen ähneln denen in der Lebensmittelindustrie.
Der Aufbau dieser Abteilung fiel in meinen Aufgabenbereich und hat mich über mehrere Jahre hinweg begleitet. Das war ein äußerst spannendes Projekt! Textiltechnisch bewegten wir uns zwar auf vertrautem Terrain – beim Rückholbändchen handelt es sich um einen Zwirn –, aber der Umgang mit einem Hygieneprodukt war für uns Neuland. Dafür waren auch zahlreiche Zertifizierungen erforderlich. Selbst das Papier, in das wir unsere Zwirne verpacken, muss entsprechend geprüft und zertifiziert sein.
Als der Hygienebereich zum Jahreswechsel erfolgreich in Betrieb ging, war das ein großer Meilenstein – für das gesamte Team und für mich ganz persönlich.

Was sind Ihre Aufgaben und haben die sich im Laufe der Zeit verändert?
Am besten gehen wir das entlang der Abteilungen durch, für die ich verantwortlich bin. Die Färberei haben wir modernisiert und sukzessive umgebaut – genau zu der Zeit, als ich gerade die Betriebsleitung übernommen hatte.
Das war eine große Herausforderung, weil der Umbau im laufenden Betrieb stattfand. Über mehrere Jahre hinweg haben wir nach und nach neue Maschinen installiert, in Betrieb genommen und Stück für Stück in den bestehenden Maschinenpark integriert.
Heute sind alle Anlagen auf dem neuesten Stand. Das bringt nicht nur mehr Effizienz, sondern vor allem deutlich mehr Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten. Wir können an vielen Stellen im Prozess gezielt nachsteuern und so eine konstant hohe Qualität sicherstellen.

Wie stellt sich die Nachfrage nach gefärbten Garnen für Sie dar?
Unsere Färberei ist konstant gut ausgelastet. Natürlich gibt es immer wieder Fluktuation im Kundenstamm – aber das Positive ist: Kunden, die uns weggebrochen sind, konnten wir meist durch neue, oft noch anspruchsvollere ersetzen.
An diesem wachsenden Anspruch sind auch wir gewachsen. Ich würde sagen, dass wir heute zu den Top-Färbereien in Europa gehören.
Wir veredeln hauptsächlich Baumwollgarne, auch Mischungen mit Elasthan, sowie Cellulose-Garne und deren Kombinationen. Außerdem färben wir die speziellen Zwirne für den Hygienebereich.

Welche Umweltauflagen sieht sich die Färberei gegenüber?
Unsere Färberei wird mehrmals im Jahr – in der Regel zwei- bis dreimal – von der Umweltbehörde überprüft. Dabei wird uns regelmäßig bestätigt, dass wir konform mit allen gesetzlichen Vorgaben arbeiten.
Interessanterweise ist der Aufwand für die Anforderungen unserer Kunden mittlerweile oft größer als für die behördlichen Prüfungen. Viele Kunden wollen heute ganz genau wissen, wie ein Produkt hergestellt wird: Welche Farbstoffe kommen zum Einsatz? Woher stammt die Energie? Welche Prozesse werden verwendet? Gefordert sind volle Transparenz und eine lückenlose Dokumentation.

Wir sind etwas vom Thema abgekommen. Wir sprachen von Ihren Aufgaben und wie die sich verändert haben.
Stimmt! Ein weiterer Bereich, für den ich zuständig bin, ist die Spulerei. Der gesamte Maschinenpark wurde auch dort in den vergangenen Jahren modernisiert – und das, wie schon in der Färberei, bei laufendem Betrieb.
Die Anforderungen sind auch in der Spulerei deutlich gestiegen, etwa in Bezug auf die Qualität der Färbespulen, die Prozesssicherheit und die technische Präzision. Das bedeutet für uns: kontinuierliche Weiterentwicklung, nicht nur bei der Technik, sondern auch in den Abläufen und im Qualitätsverständnis.

Was macht Ihnen besonders Spaß an Ihrer Arbeit?
Ich mag die immer wieder neuen Herausforderungen. Dadurch bleibt man nie stehen, sondern ist gezwungen, dazuzulernen. Das macht mir Spaß. Natürlich ist das auch anstrengend, denn „nebenher“ läuft ja der normale Alltag, der einen auf Trab hält. Für neue Projekte, neue Artikel, neue Maschinen, neue Ansprüche des Kunden muss man sich anstrengen, das schüttelt niemand aus dem Ärmel. Genau das macht mir Freude!

Haben Sie ein Highlight in Ihrer Zeit bei Otto?
Da fällt mir spontan der Abriss unseres alten Kamins ein. Der war über 50 Meter hoch und mit Abstand der höchste Kamin in Dietenheim. Dieser riesige Metallkamin war notwendig, weil wir früher eine Schwerölfeuerung hatten.
Nachdem wir unser Kesselhaus auf Gas umgestellt hatten, wurde der Kamin durch einen neuen, deutlich niedrigeren ersetzt. Vor seinem Abtransport lag der alte Kamin wie ein umgelegter Maibaum auf dem Parkplatz – ein Bild, das ich so schnell nicht vergesse.

Was wünschen Sie dem Unternehmen für die Zukunft?
Ich wünsche Gebr. Otto, dass es gut weitergeht, dass wir weiterhin vorne mitspielen, gute Produkte und gute Kunden haben.
Ich freue mich zu sehen, dass unser eigener Nachwuchs das Ruder übernimmt. Zwei ehemalige Azubis haben inzwischen beide ihren Meister gemacht und viel Verantwortung übernommen. Sie sind mit großer Begeisterung bei der Sache.
Im kommenden Lehrjahr bilden wir zum ersten Mal eine Laborantin aus, und für das kommende Lehrjahr haben wir auch noch einen Produktveredler in Aussicht. Solche Fachkräfte brauchen wir dringend. Ich habe mich in diesem Bereich immer mit Überzeugung engagiert und bin weiterhin im IHK-Prüfungsausschuss für die Ausbildung zum Produktveredler aktiv.

Was schätzen Sie besonders an Gebr. Otto?
Ich schätze vor allem die kurzen Entscheidungswege. Wenn ein Problem auftaucht, finden wir uns innerhalb kurzer Zeit zusammen und kommen schnell zu einer Lösung. So kann es ohne lange Unterbrechungen weitergehen. Außerdem ist der Umgang miteinander wirklich sehr gut.

Sie gehen nach der Sommerpause in den Ruhestand: Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
Ein gesundes, langes Leben!

Ich hoffe, dass ich die Wünsche, die lange geschlummert haben, nun verwirklichen kann. Im Ehrenamt bin ich bereits engagiert, das möchte ich weiter ausbauen. Auch privat freue ich mich auf mehr Zeit: Meine Frau und ich tanzen schon lange und haben jetzt wieder einen Tanzkurs begonnen. Außerdem gehen wir gerne ins Theater und besuchen Konzerte.
Ganz besonders freue ich mich darauf, morgens mit dem Rad an den Baggersee zu fahren, eine Stunde zu schwimmen, dann wieder nach Hause zu radeln und in Ruhe zu frühstücken.

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