Bernd Holder, QM-Beauftragter bei Otto Garne über Managementsysteme und 30 Jahre Erfahrung als „oberster Optimierer“

05.06.2023

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  • ISO 50001
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Herr Holder, seit wann sind Sie bei Gebr. Otto?

Bei Otto bin ich mittlerweile seit 40 Jahren. 1983 habe ich hier angefangen, damals als kaufmännischer Angestellter. Ich hatte meine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann in Ulm gemacht, danach ging‘s zum Bund, dann wieder in meinen Ausbildungsbetrieb. Als dessen Verwaltung nach Hamburg verlegt wurde, habe ich mir eine Stelle hier gesucht. Ich war sehr aktiv im Fußball – unsere Mannschaft spielte in der Landesliga – und ein Ortswechsel kam nicht in Frage.

Auf meine Bewerbung bei Otto bekam ich allerdings erst mal eine Absage. Zum Glück hat der damalige Spinnereileiter Strom mitbekommen, dass ich eine Stelle suchte. Er kannte mich von der Straße und hat meine Mutter angesprochen. So kamen wir ins Gespräch. Kurze Zeit später habe ich meine Stelle bei Gebr. Otto im Labor angetreten.

Was waren Ihre Aufgaben damals?

Prüfergebnisse haben mich von Anfang an beschäftigt: Das Labor wurde Anfang der achtziger Jahre umgestellt, auf neue Prüfgeräte, später dann auf elektronische Datenhaltung. In meiner Anfangszeit jedoch mussten Gleichmäßigkeitsprüfungen noch von Hand notiert und gerechnet werden. Für eine Kops-Prüfung musste man den kompletten Kops ablaufen lassen, um das Ergebnis in eine Liste einzutragen. Heute werden 20 Kopse aufgesteckt, man schaltet das Prüfgerät ein und bekommt das Ergebnis direkt in eine Excel-Tabelle. Außerdem habe ich Prüfungen an Maschinen gemacht und entsprechend dieser Ergebnisse die Maschinen im Vorwerk eingestellt, in Absprache mit dem technischen Leiter.

Sie haben sich schon immer mit Prüfungen auseinandergesetzt. Sind Sie so zu Ihrer heutigen Position als QM- Beauftragter gekommen?

1993 kam Carl-Heinz Otto auf mich zu und fragte mich, ob ich Interesse an Qualitätsmanagement hätte. Ohne zu wissen, worauf ich mich einlasse, habe ich schnell ja gesagt – auch, weil ich mich nicht dauerhaft im Labor gesehen habe. Wobei das in meinen jungen Jahren klasse war, weil da Fußball einen großen Raum eingenommen hat. Zwischen 1983 und 1986 habe ich drei Mal die Woche trainiert; für etwaige Freundinnen blieb nur montags Zeit …

Ich erinnere mich an ein wichtiges Fußballspiel, da war ich 23, ein Entscheidungsspiel, gegen Kressbronn. Den ganzen Tag war ich nervös; es ging um den Klassenerhalt. Da kam Herr Strom, selbst großer VfB-Fan, auf mich zu und sagte: ‚Bernd, jetzt machst Du Feierabend, gehst nach Hause und bereitest Dich auf Euer Spiel vor.‘ Wir haben gewonnen und sind nicht abgestiegen.

Herr Otto hat Sie also im passenden Moment für eine Veränderung erwischt?

Ja, bestimmt. Mit Heirat und Familiengründung ging dann das Mehr an Verantwortung in der neuen Position quasi selbstverständlich einher. Dem Fußball bin ich als engagierter Jugendtrainer zehn Jahre treu geblieben. Was ich dort gelernt habe, kam mir auch im Job zugute, denn als QM-Beauftragter musste von Anfang an ‚hinstehen‘: 1993 war Qualitätsmanagement noch unbekannt, ISO 9001, unsere erste Zertifizierung ein Novum. Der Anstoß dafür kam aus den eigenen Reihen: Otto-Vertriebsleiter Eh, der Vater des heutigen Dietenheimer Bürgermeisters, hat das angeregt; er kannte ISO-Zertifizierungen aus der Automobilindustrie.

Wie haben Sie selbst sich ins neue Thema eingearbeitet?

Ich habe einmal pro Monat einen entsprechenden Workshop des DITF Denkendorf besucht, da waren 30-40 Textilunternehmen aus der Region, alle mit demselben Ziel. Wir haben die ISO 9001 Normen- Kapitel für ein Konsenshandbuch für die Textilindustrie durchgearbeitet, diskutiert, wie wir das für den eigenen Betrieb umsetzen und formulieren können. Monat für Monat, Kapitel für Kapitel.

Ich erinnere mich, wie mich Herr Otto nach dem ersten Workshop fragte, was jetzt zu tun sei. Ich sagte, dass wir für jeden Arbeitsplatz eine Betriebsanweisung für jede Maschine eine Anleitung bräuchten… Seinen Blick werde ich nie vergessen!

Sehr hilfreich war, dass ich mich von Anfang an umfassend um das Thema kümmern konnte. Für die anderen Unternehmen waren meist Betriebsleiter oder Geschäftsführer dabei, die noch viele andere Aufgaben auf ihrem Tisch hatten. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema haben wir unsere erste Zertifizierung, ISO 9001, innerhalb eines Jahres erhalten. Trotzdem: Älteren, erfahrenen Kollegen die ISO- Normen mit den sich daraus resultierenden Anpassungen nahezubringen, war wirklich anspruchsvoll.

Wie ist der Stellenwert von Zertifizierungen heute?

Heute ist jeder mit dem Thema vertraut; es ist klar, dass die Prozessqualität sichergestellt werden muss. Eine Herausforderung bleibt der Job. Manchmal muss ich unbequem sein, auf suboptimale Situationen hinweisen, und mit Nachdruck auf Änderungen pochen.

Insgesamt haben Zertifizierungen in unserem Unternehmen einen sehr hohen Stellenwert. Neben ISO 9001, 14001 und 50001 haben wir knapp zehn weitere implementiert. Wer bei uns einkauft, kann sein Produkt getrost mit dem ‚Grünen Knopf‘ auslabeln.

Für uns sind Managementsysteme und Zertifizierungen ein Alleinstellungsmerkmal. Wenn Kunden eigene Audits anfordern, bringt uns das nicht mehr ‚in Wallung‘; die Daten liegen vor, Abläufe sind dokumentiert. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die offiziellen Zertifizierungen, die wir ja regelmäßig und unter hohem Aufwand ablegen, mehr honoriert würden. Für ein ISO-Audit beispielsweise, das wir alle drei Jahre ablegen, kommt für mehrere Tage ein mehrköpfiges Team vom TÜV ins Haus. Und die schauen genau hin.

Was sind Ihre Highlights in 30 Jahren Qualitätsmanagement?

Wir waren, was dieses Thema angeht, ein Vorreiter. Vor 30 Jahren hat Qualitätsmanagement noch kaum einen Kunden interessiert. Wir haben uns trotzdem damit beschäftigt. Das Bewusstsein für Anforderungen, ja sogar einen gewisser ‚Riecher‘ für Notwendigkeiten der Zukunft sehe ich bei uns immer wieder. Das macht uns aus.

Persönlich stolz bin ich auf eine Zahl: Seit 1997 haben wir 55 Projekte zur Energieeinsparung angestoßen. Umgesetzt haben wir sie als Team, als Unternehmen. Das Ergebnis ist für mich sehr beeindruckend: Im Vergleich zum Jahr 1997 haben wir unseren CO2-Ausstoß um zwei Drittel reduziert. Und er wird noch weiter sinken, wenn wir im Laufe des Jahres unsere neuen Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von drei Megawatt in Betrieb nehmen können.

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