Von der Faser zum Produkt: Gebr. Otto und Trigema gewähren gegenseitig einen Blick hinter die Kulissen

17.07.2024

Kürzlich durften wir an einer zweitägigen Schulung teilnehmen, die in Sachen Inhalt, Redner und Örtlichkeit ihresgleichen sucht: An Tag eins gab es für die Otto-Kollegen und Kolleginnen im hauseigenen Schulungszentrum reichlich Input zu textilen Gesetzgebungsverfahren, Textilrecycling und Faserkunde. Tag zwei brachte uns zu Trigema: Ein langjähriger Otto-Kunde und gleichzeitig ein – oder DER 😉 – vollstufige Textilhersteller in Deutschland hat uns einen Blick in sein Erfolgsrezept und seine Produktion gewährt.

Tag eins bei Gebr. Otto:

Textile Gesetzgebungen
Am ersten Tag unserer Inhouse-Schulung im Hause Otto gab uns Nicole Hühn vom ITA Augsburg einen Überblick über den EU-Green Deal. Für uns als textiles B2B-Unternehmen heißt es an mehreren Stellen „Augen auf“. Eine davon ist die ESPR, mit vollem Namen Ecodesign for Sustainable Product Regulation. Diese Richtlinie soll die Kreislauffähigkeit, die Wiederverwertbarkeit und die Lebensdauer eines Produktes verbessern. Das entsprechende Gesetz tritt im Sommer 2024 in Kraft und soll in Zukunft durch einen digitalen Produktpass nachgewiesen werden. Ziel ist mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette.
Auch das Sorgfaltspflichtengesetz sowie die dazugehörige Berichterstattung binden Kapazitäten in Unternehmen – und zwar in allen Bereichen, vom Einkauf bis in die IT-Abteilung. Es gilt deshalb, sich frühzeitig mit den Themen zu beschäftigen. Außerdem: Für europäische Unternehmen ergeben sich durchaus auch Vorteile, die es zu erkennen und in der Kommunikation als Kundenvorteil zu benennen gilt.

Textilrecycling Made by ITA Augsburg
Georg Stegschuster vom Recyclingatelier erklärte in seiner Präsentation, wie sich aus gebrauchten Textilien – aus textilen Sekundärrohstoffen, wie es im Fachjargon heißt – neue Produkte herstellen lassen. Gebr. Otto ist eines der Gründungsmitglieder des Recyclingateliers und äußerst interessiert und engagiert, wenn es um die die Nutzung des heimischen „Baumwollfeldes“ aus Alttextilien geht.

Regeneratfasern und Nachhaltigkeit
Nach der Mittagspause sprach Alexandra Steger von Lenzing über Regeneratfasern, die bei Gebr. Otto in großer Vielfalt versponnen werden. Die Referentin erklärte die Unterschiede der verschiedenen Fasern in Sachen Festigkeit, Dehnung, Fibrilierungsgrad und Feuchtigkeitsgehalt. Anschaulich wurde das dank der Bilder der verschiedenen Faserquerschnitte. Auch der Vergleich der Parameter mit denen der Baumwolle hat uns einen verständlichen Zugang geschaffen.

Otto’sche Prozesstechnologien im Einsatz für Trigema
In Vorbereitung für den zweiten Schulungstag erläuterten Andreas Merkel und Patrick Mielek die Prozesstechnologien, die Gebr. Otto einsetzt, um die Produkte herzustellen, die Trigema von uns bezieht.
Unser Geschäftsführer beleuchtete verschiedene Spinnverfahren, insbesondere das Ringspinnen, mit dem Gebr. Otto arbeitet. Als Vorteile dieses universellen Spinnverfahrens nannte Andreas Merkel die Tatsache, dass eine große Bandbreite an Fasermaterialien verarbeitet werden und eine große Bandbreite an Garnfeinheiten erreicht werden kann. Er stellte das Ringspinnverfahren dem Kompaktspinnen, dem Rotorspinnen und dem Luftdüsenspinnen gegenüber.
Zwirnereileiter Patrick Mielek erklärte, wie das mit dem Zwirnen genau funktioniert und wie die Ergebnisse geprüft werden. Auch den Vorgang des Gasierens und dessen Nutzen stellte er seinen Zuhörern vor: Dabei werden die Fasern, die vom Baumwollzwirn abstehen über einer Gasflamme „weggebrannt“. Das macht den Zwirn noch hochwertiger. Allerdings ist auch hier Expertise wichtig, denn wenn zu stark gasiert wird, leidet die Reißfestigkeit.

Tag zwei bei Trigema:

Erfolgsfaktoren für „made in Germany“
Wie schafft man es, in Deutschland ein erfolgreicher Textilhersteller zu werden – und zu bleiben? Diese Frage beantworteten uns Elisabeth Grupp und Simone Nuccio am zweiten Tag unserer Schulung, direkt vor Ort bei Trigema in Burladingen. Die Redner gingen dabei insbesondere auf die Chancen ein, die der Standort, trotz aller Regularien, mit sich bringt.
Andreas Merkel nahm diesen Faden in seinem Vortrag zum Nearshoring auf. Er erklärte das Konzept hinter dem Begriff – was in Europa verkauft wird, soll hier produziert werden, was in den USA verkauft wird, soll dort produziert werden – und machte deutlich, dass er diesen Ansatz für zukunftsfähig hält. Er stellte in diesem Zusammenhang die Marke „Cotton since 1901“ und das Projekt „Regio Textil“ vor.

Tour durchs Haus bei Trigema
Der zweite Teil des Ausflugstages gehörte dem Rundgang durch den Betrieb bei Trigema. Jeweils eineinhalb Stunden durften wir der Strickerei und Ausrüstung sowie den Bereichen Zuschnitt, Konfektion und Druck widmen. Simone Nuccio wies beim Rundgang nochmals auf recot² hin: Unser Recycling-Baumwollgarn setzt Trigema für Bindefadenfuttergestricke ein. Mit hervorragenden Ergebnissen – oder sollten wir sagen mit denselben Eigenschaften, die man bei Trigema von unseren Otto-Garnen eben kennt 😉.

Wir bedanken uns bei allen Referenten für ihre spannenden Vorträge und natürlich den Gastgebern bei Trigema, dass wir so ausgiebig über die Schulter schauen durften.